Ein Schutzkonzept sollte von der Einrichtung oder Organisation, für die es gedacht ist, selbst entwickelt werden. Die Verantwortung dafür liegt bei der Leitung. Dabei ist es wichtig, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bzw. Akteure der Organisation frühzeitig in die Entstehung des Schutzkonzepts einzubinden. Wenn möglich sollten auch Kinder, Jugendliche und Eltern beteiligt werden. Die Einrichtung oder Organisation sollte sich dazu am besten von Fachleuten, wie sie in spezialisierten Beratungsstellen gegen sexuelle Gewalt, aber auch in den eigenen Strukturen der Träger und Verbände zu finden sind, begleiten lassen. Diese Expertinnen und Experten können ihre Erfahrung und Kompetenz in die Entwicklung einbringen. Ihr Blick von außen hilft, Betriebsblindheit und die damit verbundenen Auslassungen zu verhindern, aber auch interne Dynamiken zu erkennen.
Am Anfang des Prozesses sollte eine Risikoanalyse durchgeführt werden, die zwei Risiken in den Blick nimmt. Zum einen sollte sie offenlegen, wo die „verletzlichen“ Stellen einer Einrichtung oder Organisation liegen – sei es im Umgang mit Nähe und Distanz, im baulichen Bereich oder im Einstellungsverfahren, bzw. im Auswahlverfahren etwa bei ehrenamtlichen Akteuren. Die Risikoanalyse verfolgt systematisch die Frage, welche Bedingungen Täter und Täterinnen vor Ort nutzen könnten, um sexuelle Gewalt vorzubereiten und zu verüben. Zum anderen sollte der Frage nachgegangen werden, wie groß die Gefahr ist, dass betroffene Mädchen und Jungen in dieser Einrichtung oder Organisation keine Hilfe finden oder gar nicht danach suchen. Die Ergebnisse dieser beiden Analysen zeigen, welche konzeptionellen und strukturellen Verbesserungen im Sinne des Kinderschutzes erforderlich sind. Gerade im Rahmen der Risikoanalyse sollten Mädchen und Jungen Möglichkeiten zur Beteiligung erhalten. Ihre Erfahrungen, Einschätzungen und Vorstellungen sind unverzichtbar. Aber nicht nur die Gefährdungen sollten untersucht werden, sondern auch die Stärken der Einrichtung oder Organisation. Im Rahmen einer Potenzialanalyse kann eine Einschätzung entwickelt werden, welche präventiven Strukturen und Maßnahmen bereits vorhanden sind, auf die mit dem Schutzkonzept aufgesetzt werden kann. In der Regel fängt keine Einrichtung oder Organisation hier bei „null“ an.