Sehr geehrte Damen und Herren, 

Vereinsarbeit hat das große Potenzial, zur körperlichen und geistigen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen beizutragen. In Deutschland sind z. B. mehr als die Hälfte der Mädchen und Jungen – etwa 7,3 Millionen – in knapp 90.000 Sportvereinen aktiv.

Vereinsarbeit fördert die Persönlichkeitsentwicklung: Kinder und Jugendliche trainieren Fairness und soziales Miteinander und erleben Möglichkeiten von Mitwirkung und Mitgestaltung. Gerade weil im Sport z. B. ein so ausgeprägtes Vertrauensverhältnis zwischen Mädchen und Jungen und Erwachsenen besteht, müssen wir besonders sensibel für mögliche Gefahren sein. Durch die spezielle – auch körperliche – Nähe entstehen potenzielle Gelegenheiten zu sexualisierter Gewalt: Hilfestellungen bei Übungen, gemeinsames Duschen oder Fahrten zu Turnieren können für sexuelle Übergriffe missbraucht werden. Sportvereine dürfen keine Tatorte werden! Und: Vereine müssen sichere Orte sein, an denen Mädchen und Jungen, die zum Beispiel in der Familie, durch Gleichaltrige oder in sozialen Netzwerken sexuelle Gewalt erfahren haben, Hilfe finden können.

Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor jeglicher Gewalt sollte dementsprechend selbstverständlicher Bestandteil verantwortlicher Führung eines jeden Vereins sein. Zugleich stellt dies die überwiegend ehrenamtlich geführten Vereine vor komplexe Aufgaben. Der vorliegende Handlungsleitfaden gibt den Vereinen eine Orientierung zu den Hintergründen und Fakten über sexualisierte Gewalt sowie über geeignete Schritte zur Prävention und Intervention. Die Vereinsverantwortlichen müssen diese Schritte nicht alleine bewältigen, sondern können und sollen sich zur Unterstützung an ihre zuständigen Fachverbände, z. B. Kreis- und Stadtsportbünde, Landessportbünde sowie die Träger der Kinder- und Jugendhilfe in ihren Kommunen wenden. Sie können das Thema aber auch nicht an diese Institutionen delegieren, sondern müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein, Kinder und Jugendliche direkt, konkret und vor Ort im Verein zu schützen. Damit sind Sportverbände und -vereine ein Puzzleteil in der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe, über jede Gewalt gegen Kinder und Jugendliche aufzuklären und diese nach Möglichkeit zu verhindern.

Die aufgeführten Risiken und Gefährdungspotenziale im Sport sollen nicht vergessen lassen, dass Millionen von Kindern und Jugendlichen in ihren Vereinen sehr viel Freude haben und positive Erfahrungen sammeln – und zwar in den allermeisten Fällen ungefährdet. Sie werden von Trainer*innen und Vereinsverantwortlichen unter hohem persönlichem Engagement betreut und erhalten im Verein wertvolle Unterstützung für eine gesunde und förderliche Entwicklung. Dass sich die Verbände und Vereine auch mit den möglichen Risiken für den Schutz von Kindern und Jugendlichen auseinandersetzen, ist in diesem Rahmen ein wesentlicher Schritt für eine sichere Vereinsarbeit.

Schön, dass Sie dabei in Ihrem Verein helfen!  

(vgl. Ein Handlungsleitfaden zum Schutz
von Kindern und Jugendlichen vor Grenzverletzungen,
sexualisierter Belästigung und Gewalt im Sport (2020), DOSB, dsj)

„Eine gegenwärtige, in einem solchen Maße vorhandene Gefahr, dass sich bei der weiteren Entwicklung eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit voraussagen lässt.“ (vgl. Rassenhofer u.a.(2020). Misshandlung und Vernachlässigung (Band 28). Göttingen: Hogrefe.)

Eine Kindeswohlgefährdung kann sehr vielfältig sein und wird unterschieden:

Eine Kindeswohlgefährdung kann auch online geschehen. Es beinhaltet z. B., sich pornografische Bilder anschauen zu müssen, selbst fotografiert zu werden oder beschimpft und beleidigt zu werden.

… meint die mangelnde Erfüllung der Existenz- und Grundbedürfnisse (z. B. Ernährung, Gesundheit, Pflege, Kleidung bzw. das häusliche Umfeld) oder eine unzureichende Beaufsichtigung oder fehlende Herausnahme aus einer gewalttätigen Umgebung. Hier wird unterschieden zwischen aktiv und passiv. Wobei aktiv das vorsätzliche Vorenthalten grundlegender Dinge meint und passiv das Vorenthalten durch Unkenntnis (z. B. aufgrund von dem Müchhausen-Stellvertreter-Syndrom, einer Substanzabhängigkeit, einer geistige Behinderung oder einer psychischer Erkrankungen) beschreibt.

Körperliche (physische) Misshandlung

… umfasst alle Arten von bewussten und unbewussten Handlungen, die nicht zufällige körperliche Schmerzen oder Verletzungen verursachen. Die Misshandlung kann im schlimmsten Fall zum Tod führen und ist verbunden mit psychischen Belastungen (Angst, Scham, Demütigung, entsprechende Auswirkungen auf die Persönlichkeitsentwicklung).

Beispiele:

  • Schläge mit der Hand
  • prügeln, festhalten
  • verbrühen, verbrennen
  • verhungern / verdursten lassen
  • unterkühlen
  • würgen und gewaltsame Angriffe mit Riemen, Stöcken, Küchengeräten oder gar Waffen

Psychische / emotionale  Misshandlung

Jedes Verhalten, welches dem Kind vermittelt, wertlos, fehlerbehaftet, ungeliebt, ungewollt oder unnütz zu sein. Psychische Misshandlung tritt meist im Zusammenspiel mit anderen Formen der Kindeswohlgefährdung auf und ist Kern einer jeden Misshandlung.

Besipiele:

  • Drohungen, Strafen

  • Liebesentzug

  • Partnerschaftskonflikte

  • Miterleben von Gewalt

  • Trennungen, Sorgerechtskonflikte

Sexueller Missbrauch oder sexuelle Gewalt an Kindern ist jede sexuelle Handlung, die an oder vor Mädchen und Jungen gegen deren Willen vorgenommen wird oder der sie aufgrund körperlicher, seelischer, geistiger oder sprachlicher Unterlegenheit nicht wissentlich zustimmen können. Der Täter oder die Täterin nutzt dabei seine/ihre Macht- und Autoritätsposition aus, um eigene Bedürfnisse auf Kosten des Kindes zu befriedigen.

Diese sozialwissenschaftliche Definition bezieht sich auf alle Minderjährigen. Bei unter 14-Jährigen ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sie sexuellen Handlungen nicht zustimmen können. Sie sind immer als sexuelle Gewalt zu werten, selbst wenn ein Kind damit einverstanden wäre.

Informationen zur rechtlichen Definition und zur Strafbarkeit von sexuellem Missbrauch finden Sie hier.

  • Intervention

Sollten Sie in Ihrer Umgebung einen Fall von Kindeswohlgefährdung vermuten oder bemerken, oder haben Sie das Bedürfnis zu helfen oder irgendetwas zu tun, dann gibt es verschiedene Wege. Suchen Sie sich Hilfe für das weitere Vorgehen.

  • Orientierung am Handlungsablauf bei vermuteter Kindeswohlgefährdung
  • zuständigen Mitarbeitenden des Vereins benachrichtigen
  • Beratungsanspruch durch die insoweit erfahrene Fachkraft
    • pseudonymisierte und kostenfreie Beratung
    • gemeinsame Gefährdungseinschätzung
    • Planung nächster Handlungsschritte
  • Informationen bei Beratungsstellen suchen
  • Meldung beim Jugendamt
  • Meldung bei der Polizei (in akuten Fällen, z. B. bei häuslicher Gewalt oder bei Gefahr für Leib und Leben)

Informationen und Daten werden selbstverständlich vertraulich behandelt.

Prävention

  • Entwicklung eines Schutzkonzeptes 
  • regelmäßige Sensibilisierung der Mitarbeitenden
  • Sensibilisierung der Kinder und Jugendlichen (z. B. Auslage von Material, Teilnahme an Kampagnen)

Im Schutzkonzept Ihres Vereins sollten die Ansprechpersonen benannt sein, kontaktieren Sie diese Personen. Sie können sich auch direkt an Beratungsstellen wenden, dazu gehören z. B. Fachstelle Kinder- und Jugendschutz im Landkreis Lüchow-Dannenberg,  Violetta – Beratungsstelle gegen sexuelle Gewalt an Frauen und Mädchen e. V. -, die Erziehungsberatungsstelle in Lüchow, das Kinderschutzzentrum Nord-Ost-Niedersachsen oder Familienberatungsstellen.

Besteht ein Verdacht, handeln Sie bitte nach dem Handlungsleitfaden.

Die Jugendämter helfen, beraten und unterstützen, wenn Kinder und Jugendliche in Gefahr sind. Unter www.agjae.de finden Sie eine Liste mit Kontaktadressen der Jugendämter in Niedersachsen und Bremen. Außerhalb der normalen Geschäftszeiten sind Kinder- und Jugendnotdienste eingerichtet – rund um die Uhr. Sollten Sie niemanden beim Jugendamt erreichen, können Sie im Notfall auch die Polizei verständigen. Der Notruf 110 ist immer kostenlos, auch über Handy.

Die Meldung einer Kindeswohlgefährdung sollte nur objektive, tatsächlich beobachtete Tatsachen und Geschehnisse wiedergegeben. 

Sollte die Beratung durch die insoweit erfahrene Fachkraft zu dem Ergebnis führen, eine Meldung zu tätigen, ist für eine offizielle Meldung an den Allgemeinen Sozialen Dienst des Landkreises der Meldebogen zu nutzen. Der Meldebogen wird versendet via Post, Fax oder verschlüsselter E-Mail an:

Faxnummer: 05841 120 88 511

E-Mail: Jugendamt@luechow-dannenberg.de

FD 51 Jugend-Familie-Bildung, Allgemeiner Sozialer Dienst, Königsberger Straße 10, 29439 Lüchow (Wendland)

In dringenden Fällen kann parallel zur schriftlichen Meldung eine telefonische Meldung abgesetzt werden. 

Telefonnummer: 05841 120 320

Sprechzeiten: Montag, Dienstag, Freitag 9 – 12:30 Uhr, Donnerstag 9 – 12:30 Uhr und 14 – 16 Uhr  

Zusätzliche Sprechzeiten: Montag, Dienstag, Mittwoch und Donnerstag 13 – 16:30 Uhr

In akuten bedrohlichen Notlagen, außerhalb der Sprechzeiten der Kreisverwaltung, rufen Sie bitte die Rettungsleitstelle unter 112 an.

Download Meldebogen

Eine Meldung kann grundsätzlich als Selbst- oder Fremdmelder beim Jugendamt eingehen:

Selbstmeldung

  • Kontaktaufnahme und Meldung durch Minderjährige oder Eltern
  • Nachfrage nach Hilfe und Unterstützung in einer Gefährdungs-, Konflikt- oder Belastungssituation
  • Entwicklung eines freiwillig initiierten Beratungs- und Hilfeprozesses
  • Förderung familiärer Bewältigungskompetenzen

      Selbstmeldung bedeutet:

  • mögliche gravierende Konflikte mit den Eltern
  • Entscheidung, ob Beratung ohne das Wissen der Eltern stattfindet
  • Entscheidung, ob Kontakt zu Eltern hergestellt wird
  • Kontrollfunktionen des ASD rücken in den Hintergrund


Fremdmeldung

  • durch Privatpersonen, wie z. B. Verwandte, NachbarInnen, FreundInnen des Kindes / Jugendlichen  oder von MitarbeiterInnen
  • durch Institutionen wie z. B. Kindertagesstätten, Schulen, Hort, Gesundheitssystem, Familiengericht, Polizei usw.
  • kann in telefonischer, schriftlicher, persönlicher sowie anonymer Form erfolgen

      Umgang mit Fremdmeldungen:

  • professionelle Gesprächsführung
  • Würdigung der Gefahrensensibilisierung
  • Beruhigung des Melders, z. B. Vermutungen von Beobachtungen zu unterschieden
  • Klärung der Anonymität
  • qualifizierte Prüfung
  • differenzierte und sorgfältige Dokumentation 

Vorgehen des Jugendamtes:

  • Angebot umfassender Hilfen
  • Einsatz präventiver Maßnahmen
  • Angebote zur Unterstützung und Beratung der Eltern
  • Kontaktaufnahme zur Familie

Das Jugendamt ist nicht befugt, die Rechte der Eltern zu beschränken. Hierfür ist das Familiengericht zuständig. Kinder gehören grundsätzlich zu ihren Eltern. Eine Einschränkung des Sorgerechts wird als letzte Maßnahme in Betracht gezogen.

Nach jeder Meldung:

  • sorgfältige Prüfung des Sachverhaltes
  • gewissenhafte Dokumentation
  • Planung weiterer Schritte
  • Kontaktaufnahme zur Familie
  • Angebot von Hilfs- und Unterstützungsmöglichkeiten

Aus Datenschutzgründen erhält der „Melder“ keine Informationen zum weiteren Vorgehen oder Verlauf.

Liegen tatsächlich Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung vor, ist das zuständige Jugendamt gemäß § 8a Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) dazu verpflichtet, aktiv zu werden. Das führt nicht immer dazu, dass das Jugendamt die Kinder in Obhut nimmt, also den Erziehungsberechtigten wegnimmt. Vielmehr bietet es Angebote zur Unterstützung und Beratung der Eltern. Der Verdacht auf Kindeswohlgefährdung rechtfertigt dann auch einen Hausbesuch durch das Jugendamt. Sollten die Eltern ihre Mithilfe gegenüber dem Jugendamt verweigern, kann das Jugendamt allerdings auch gegen den Willen der Eltern handeln und beispielsweise dem Kind zu einer ärztlichen Behandlung verhelfen, die die Eltern ihm verweigert haben.

Die Rechte der Eltern kann das Jugendamt selbst nicht beschränken. Dafür muss das Familiengericht eingeschaltet werden. Dieses kann dann als letzte Maßnahme schließlich auch das Sorgerecht einschränken. In der Regel versucht es aber, mit den Eltern eine einvernehmliche Lösung zu finden und bietet Unterstützung, wie beispielsweise ambulante Erziehungshilfen, an. Der Grundsatz, dass Kinder zu ihren Eltern gehören, ist für das Familiengericht sehr wichtig. Erst wenn wirklich eine akute Gefährdung der Gesundheit oder Entwicklung des Kindes vorliegt oder die Eltern mit der Sorge und Erziehung eindeutig überfordert sind, greift es zum Schutz des Kindes ein und beschränkt das Sorgerecht der Eltern.

Bestimmte Berufsgruppen – Lehrer, Erzieher, Ärzte, Hebammen und Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe – sind dazu verpflichtet, einen Verdacht auf Kindeswohlgefährdung zu melden. Diese Verpflichtung geht aus den Regelungen zum Schutzauftrag gemäß § 8a SGB VIII hervor. Sie müssen nicht sofort das Jugendamt benachrichtigen, sondern müssen zuerst das Gefährdungsrisiko einschätzen. Das erfolgt in der Regel im Gespräch mit Fachkollegen. Im konkreten Verdachtsfall müssen zuerst die Eltern informiert werden. Können oder wollen diese die Gefährdung nicht abwenden, muss dann das Jugendamt informiert werden.

Für alle anderen besteht keine Pflicht, bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung aktiv zu werden. Dennoch sollten Sie lieber einmal zu oft bei den Beratungszentren anrufen, als einmal zu wenig. Nutzen Sie den Handlungsablauf bei einer Vermuteten Kindeswohlgefährdung. Achten Sie dabei auf die im Schutzkonzept des Vereins beschriebenen Abläufe zur Dokumentation und Information. Nutzen Sie die vorhandenen Unterstützungsmöglichkeiten für sich und die Kinder oder Jugendlichen.  

Quelle: https://www.dahag.de/

Es sollten jedoch die vielen weitreichenden psychischen und emotionalen Folgen bedacht werden. Einen begründeten Verdacht auf Kindeswohlgefährdung, aus persönlichen Befindlichkeiten oder Angst nicht anzusprechen, kann nachträglich schwer zu bewältigen sein und geht oft einher mit Schuldgefühlen, Wut und Selbstzweifeln. Den Verdacht anzusprechen und objektiv bewerten zu lassen, ist daher der bessere Weg. Es wird von niemandem ein vorschneller Gang zum Jugendamt erwartet, jedoch der Mut und die Bereitschaft, Probleme anzusprechen und nicht einfach wegzuschauen.

Weitere Informationen...

Hier findest du Ansprechpartner und Telefonnummern:

Hilfe und Unterstützung

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Jedes Kind hat das Recht, sich sicher zu fühlen
und glücklich aufzuwachsen.

Misshandlungen, Missbrauch und Vernachlässigung sind gesetzlich verboten!