Liegen tatsächlich Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung vor, ist das zuständige Jugendamt gemäß § 8a Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) dazu verpflichtet, aktiv zu werden. Das führt nicht immer dazu, dass das Jugendamt die Kinder in Obhut nimmt, also den Erziehungsberechtigten wegnimmt. Vielmehr bietet es Angebote zur Unterstützung und Beratung der Eltern. Der Verdacht auf Kindeswohlgefährdung rechtfertigt dann auch einen Hausbesuch durch das Jugendamt. Sollten die Eltern ihre Mithilfe gegenüber dem Jugendamt verweigern, kann das Jugendamt allerdings auch gegen den Willen der Eltern handeln und beispielsweise dem Kind zu einer ärztlichen Behandlung verhelfen, die die Eltern ihm verweigert haben.
Die Rechte der Eltern kann das Jugendamt selbst nicht beschränken. Dafür muss das Familiengericht eingeschaltet werden. Dieses kann dann als letzte Maßnahme schließlich auch das Sorgerecht einschränken. In der Regel versucht es aber, mit den Eltern eine einvernehmliche Lösung zu finden und bietet Unterstützung, wie beispielsweise ambulante Erziehungshilfen, an. Der Grundsatz, dass Kinder zu ihren Eltern gehören, ist für das Familiengericht sehr wichtig. Erst wenn wirklich eine akute Gefährdung der Gesundheit oder Entwicklung des Kindes vorliegt oder die Eltern mit der Sorge und Erziehung eindeutig überfordert sind, greift es zum Schutz des Kindes ein und beschränkt das Sorgerecht der Eltern.
Bestimmte Berufsgruppen – Lehrer, Erzieher, Ärzte, Hebammen und Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe – sind dazu verpflichtet, einen Verdacht auf Kindeswohlgefährdung zu melden. Diese Verpflichtung geht aus den Regelungen zum Schutzauftrag gemäß § 8a SGB VIII hervor. Sie müssen nicht sofort das Jugendamt benachrichtigen, sondern müssen zuerst das Gefährdungsrisiko einschätzen. Das erfolgt in der Regel im Gespräch mit Fachkollegen. Im konkreten Verdachtsfall müssen zuerst die Eltern informiert werden. Können oder wollen diese die Gefährdung nicht abwenden, muss dann das Jugendamt informiert werden.
Für alle anderen besteht keine Pflicht, bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung aktiv zu werden. Dennoch sollten Sie lieber einmal zu oft bei den Beratungszentren anrufen, als einmal zu wenig. Nutzen Sie den Handlungsablauf bei einer Vermuteten Kindeswohlgefährdung. Achten Sie dabei auf die im Schutzkonzept des Vereins beschriebenen Abläufe zur Dokumentation und Information. Nutzen Sie die vorhandenen Unterstützungsmöglichkeiten für sich und die Kinder oder Jugendlichen.
Quelle: https://www.dahag.de/
Es sollten jedoch die vielen weitreichenden psychischen und emotionalen Folgen bedacht werden. Einen begründeten Verdacht auf Kindeswohlgefährdung, aus persönlichen Befindlichkeiten oder Angst nicht anzusprechen, kann nachträglich schwer zu bewältigen sein und geht oft einher mit Schuldgefühlen, Wut und Selbstzweifeln. Den Verdacht anzusprechen und objektiv bewerten zu lassen, ist daher der bessere Weg. Es wird von niemandem ein vorschneller Gang zum Jugendamt erwartet, jedoch der Mut und die Bereitschaft, Probleme anzusprechen und nicht einfach wegzuschauen.